Der 1863 geborene Emil Noelle war laut einer Zeitungsanzeige Rasiermesserarbeiter und Winkelierer. Letzteres ist eine alte Bezeichnung für einen Kleinhändler oder Krämer.
Im März 1890 eröffnete er eine „Spezereiwaren-, Tabak- und Cigarrenhandlung“ an der Wittkullerstraße. Dieses Kolonialwarengeschäft musste er jedoch schon ein Jahr später, im November 1891, aus gesundheitlichen Gründen wieder aufgeben. In seiner Todesanzeige wird 1901 ein langes und schweres Leiden erwähnt, welches vermutlich schon zehn Jahre vorher seinen Anfang nahm.
Deshalb versuchte er sich fortan in seinem anderen Berufsfeld und ließ im Februar 1893 ein „Rasiermesser mit von der Angel abnehmbarer Klinge“ als Gebrauchsmuster eintragen.
Am 27. Juni 1894 gründete er gemeinsam mit seinem Kompagnon Karl Kühn die Firma „Emil Noelle & Cie.“ mit dem Sitz Itterberg in Wald. Doch auch hier ergab sich nur ein knappes Jahr später eine Veränderung. Am 9. März 1895 wurde im Gesellschaftsregister unter der Nr. 444 eingetragen, dass die Handelsgesellschaft Emil Noelle & Cie. „durch gegenseitige Übereinkunft“ aufgelöst wurde. Emil Noelle wurde dadurch alleiniger Firmeneigner und der Zusatz „& Cie.“ wurde aus dem Firmennamen gestrichen.
Grund für die Trennung der Gesellschafter war offensichtlich ein anstehendes Konkursverfahren von Karl Kühn, welches kurze Zeit später, am 25. Mai des Jahres, eröffnet wurde.
Eine alte Werbeanzeige bezeichnet die Firma Emil Noelle als „Rasiermesserfabrik und Hohlschleiferei“. Ob das Unternehmen ausschließlich Rasiermesser herstellte, ist zwar nicht gesichert, jedoch wurde im April 1900 ein Warenzeichen mit der Bezeichnung „eigenartig geformte Scheere“ auf die Firma eingetragen, was möglicherweise einen Rückschluss zulässt. In der Todesanzeige vom 4. Juni 1901 wird Emil Noelle in jedem Fall als Rasiermesserfabrikant bezeichnet. Bei seinem Tod war er keine 38 Jahre alt.
An dieser Stelle taucht schließlich die Familie Broch in der Firmengeschichte auf: Die Witwe Noelle, Ida Kratz, verkaufte die Firma am 25. Oktober 1901 an Emil und Hugo Broch, sowie deren Schwager Carl Hermes. Dieser hatte Hulda Broch am 1. Juni 1888 geheiratet und wohnte mit ihr 1901 vermutlich schon im selben Haus wie Hugo Broch, in Hübben 17. Dieses, noch heute existierende Fachwerkhaus wurde auch zum neuen Firmensitz der Firma Emil Noelle. Emil Broch wohnte zu diesem Zeitpunkt noch in seinem Elternhaus Schaafenmühle 3, keine zehn Fußminuten entfernt.*
Die somit entstandene Handelsgesellschaft der Familie Broch/Hermes lief in der Abteilung A des Handelsregisters fünf Jahre lang unter der Nummer 93. Am 11. Mai 1906 wurde die Gesellschaft aufgelöst und Carl Hermes der alleinige Eigentümer der Firma Emil Noelle. Hugo Broch blieb jedoch Anteilseigner an der bedeutsameren Firma Carl Hermes & Cie. Emil Broch hingegen hatte nur wenige Monate nach seinem Einstieg in die Firma Emil Noelle zusammen mit August Woop die Firma Broch & Woop gegründet.
Die Ausrichtung der Firma Emil Noelle scheint sich nach dem Kauf durch die Familie Broch/Hermes ebenfalls geändert zu haben. In einer späteren Annonce wird die Firma zwar noch immer als „Rasiermesserfabrik und Hohlschleiferei“ bezeichnet, aber die Werbung bezieht sich explizit auf die Lieferung von „geschliffenen und haarscharf abgezogenen Gillette-Klingen“.
* Carl Hermes und Hugo Broch waren bereits im Oktober 1887 – kurz nach der Verlobung von Hulda und Carl – Kompagnons geworden, als Hugo Broch den früheren Partner von Carl Hermes in der Firma „Wilhelm Ernst Steinfeld & Carl Hermes“ ersetzte. Steinfeld und Hermes hatten das Unternehmen erst ein Jahr zuvor, im Juli 1886 gegründet, aber auch hier scheint es relativ schnell zu Meinungsverschiedenheiten gekommen zu sein, und so ging Steinfeld im darauffolgenden Jahr eigene Wege. Die Firma wurde fortan von Carl Hermes und Hugo Broch unter dem Namen „Carl Hermes & Cie.“ als Vertrieb für Rasierapparate und Rasierklingen geführt. Die bekanntesten Produkte waren Rasierklingen der Marke „Ka-Ha“ und „Ka-Ha Extra“, wobei „KH“ sicherlich für Carl Hermes stand, dessen Vorname früher normalerweise mit C, später aber oft auch mit K geschrieben wurde.